Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses (Endzeugnis). Rechtsgrundlage bilden § 109 GewO, § 630 BGB, § 73 HGB, § 16 BBiG oder tarifliche Sonderregelungen.
Zu unterscheiden ist zunächst zwischen dem einfachen und dem qualifizierten Arbeitszeugnis. Das einfache Arbeitszeugnis enthält nur Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit. Das qualifizierte Arbeitszeugnis enthält darüber hinaus Angaben über Leistung und Verhalten. Das qualifizierte Arbeitszeugnis ist nur auf Verlangen des Arbeitnehmers zu erteilen. Ein Arbeitszeugnis muss der Wahrheit entsprechen; soll jedoch gleichzeitig von verständigem Wohlwollen getragen sein.
Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf bestimmte Formulierungen im Zeugnis. Soweit der Arbeitgeber die Grundsätze der Wahrheit, der Klarheit und des verständigen Wohlwollens beachtet, ist er sowohl in der Wortwahl als auch in der Satzstellung frei. In der betrieblichen Praxis haben sich bestimmte übliche und bekannte Formulierungen entwickelt, die in Arbeitszeugnissen verwendet werden. Ein Arbeitszeugnis darf jedoch keine Formulierungen enthalten, die eine andere als die aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer treffen. Geheimzeichen oder bestimmte Codewörter, die verwendet werden, damit der künftige potentielle Arbeitgeber ihren eigentlichen Sinn entschlüsselt, verstoßen gegen das Klarheitsgebot und sind daher unzulässig. Nach dem Bundesarbeitsgericht (Urteil v. 12.08.2008, 9 AZR 632/07) kann zudem ein Verstoß gegen den Grundsatz der Zeugniswahrheit vorliegen, wenn in einem Arbeitszeugnis üblicherweise erwartete Inhalte fehlen. Hierin kann ebenfalls ein unzulässiger Geheimcode zu sehen sein.
Ein Anspruch auf Zwischenzeugnis besteht grundsätzlich nur dann, wenn ein berechtigtes Interesse besteht. Ein berechtigtes Interesse kann bei einem Wechsel des Vorgesetzten, Änderung des Unternehmensgefüges, Versetzung oder einer anstehenden längeren Arbeitsunterbrechung (z.B. Elternzeit)vorliegen.
Kommt es über den Inhalt des Zeugnisses zum Streit, so gilt folgendes:
Die abgestufte Darlegungs- und Beweislast
Der Arbeitnehmer hat nach dem Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 14.10.2003, 9 AZR 12/03; vgl. bereits Urteil vom 24.03.1977, 3 AZR 232/76) grundsätzlich lediglich einen Anspruch auf eine durchschnittliche Bewertung. Eine durchschnittliche Bewertung soll - zum damaligen Zeitpunkt der Entscheidung - bei einer Bewertung mit der Schulnote "befriedigend" vorliegen. Erhält der Arbeitnehmer eine unterdurchschnittliche Leistung, so muss der Arbeitgeber Defizite des Arbeitnehmers darlegen und beweisen. Will der Arbeitnehmer hingegen eine überdurchschnittliche Bewertung, so sind vom Arbeitnehmer Tatsachen vorzutragen und beweisen, aus denen sich eine überdurchschnittliche Bewertung ergeben soll.
Aktuelle arbeitsgerichtliche Entscheidungen
Das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 26.10.2012, 28 Ca 18230/11) hat sich in jüngster Zeit gegen die gefestigte arbeitsgerichtliche Rechtsprechung gestellt, wonach ausgehend von der oben dargestellten Entscheidung des BAG ein Arbeitnehmer bei einer Leistungsbewertung mit befriedigend darlegen muss, dass er tatsächlich eine bessere Leistung erbracht hat. Angesichts aktueller emprischer Studien soll in ca. 86 % der erteilten Arbeitszeugnisse eine mindestens gute Leistung bescheinigt werde. Nach dem Arbeitsgericht Berlin soll daher im Streitfall dem Arbeitnehmer nicht länger die Darlegungs- und Beweislast dafür auferlegt werden, dass er eine gute Arbeitsleistung erbracht hat. Im Berufungsverfahren wurde die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin vom Landesarbeitsgericht Berlin Brandenburg (Urteil v. 21.03.2013 18 Sa 2133/12) bestätigt. In den Entscheidungsgründen nimmt das Landesarbeitsgericht Berlin Brandenburg auf die Entscheidung des BAG vom 14.10.2003 Bezug und stellt klar, dass ausweislich von neueren Studien nach dem neueren Verständnis des Wirtschaftsleben bei einer Leistungsbewertung mit befriedigend eben keine durchschnittliche Bewertung mehr vorliegt, so dass nunmehr der Arbeitgeber darzulegen hat, dass keine gute Arbeitsleistung erbracht wurde. Die Revision wurde zugelassen; das Revisionsverfahren ist derzeit beim BAG anhängig.
Auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat sich bereits im Jahr 2010 gegen die gefestigte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anlässlich eines gerichtlich geltend gemachten Zeugnisberichtigungsanspruchs einer Arbeitnehmerin gestellt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 20.02.2001, 9 AZR 44/00) besitzt ein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine abschließende Bedauerns-, Dankes- und Wunschformel im Arbeitszeugnis. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf sprach einer Arbeitnehmerin hingegen mit Urteil vom 03.11.2010 (12 Sa 974/10) zumindest bei einem ansonsten guten Zeugnis einen Anspruch auf eine abschließende Bedauerns-, Dankes-, und Wunschformel zu, da die fehlende Abschlussformulierung mangelndes Wohlwollen ausdrückt und somit der Verdacht eines gewollten Geheimcodes bestehen würde.
Der neunte Senat des Bundesarbeitsgericht hält an seiner bestehenden Rechtsprechung fest und hat nunmehr im Revisionsverfahren (BAG v. 18.11.2014, 9 AZR 584/13) klargestellt, dass die vom Landesarbeitsgericht Berlin herangezogenen Studien, nach denen nahezu 90 % der Arbeitszeugnisse die Schlussnoten „gut“ oder „sehr gut“ aufweisen, nicht zu einer anderen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast führen sollen. Nach dem Bundesarbeitsgericht kommt es für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht auf die in der Praxis üblicherweise vergebenen Noten an, sondern Ansatzpunkt ist ausschließlich die Note „befriedigend“ als mittlere Note. Es bleibt daher weiterhin dabei, dass ein Arbeitnehmer, der eine überdurchschnittliche Benotung (also „gut“ oder „sehr gut“) begehrt, eine entsprechende Leistung im arbeitsgerichtlichen Verfahren darlegen und beweisen muss.
Praxistipp: Erfahrungsgemäß wird Arbeitnehmern aufgrund der
strengen Darlegungs- und Beweislast der Nachweis nur in den seltensten Fällen gelingen, dass ihre Leistungen auch der Note „gut“ oder „sehr gut“ gerecht geworden sind. Prozessual könnte eine Änderung der Beweis- und Darlegungslast zugunsten des Arbeitsnehmers herbeigeführt werden, wenn bereits ein Zwischenzeugnis mit einer
überdurchschnittlichen Leistungsbewertung vorliegt. In diesem Fall kann der Arbeitgeber an den Inhalt des Zwischenzeugnisses gebunden sein, wenn er ein Endzeugnis erteilt. Ein Arbeitgeber kann
dann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 16.10.2007, AZR 248/07) vom Zwischenzeugnis nur dann abweichen, wenn die späteren
Leistungen und das spätere Verhalten des Arbeitnehmers das rechtfertigen. Die Beweis- und Darlegungslast hierfür trägt dann also der Arbeitgeber.